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interview mit gentleman auf dem zmf freiburg 2006

interview mit gentleman auf dem zmf freiburg 2006

das interview mit gentleman fand kurz vor seinem auftritt auf dem zmf in freiburg im tourbus der band statt.

gentleman gehört neben seeed diesen sommer zu den deutschen acts, die volle hallen/plätze garantieren. macht das einen stolz?

ich denke stolz ist das falsche wort. es motiviert auf jeden fall und das ist auch einer der gründe wieso man das so lange machen kann. man sieht, dass die leute die musik haben wollen. schwierig wirds, wenn man merkt, dass man nicht gewollt ist. wir reden hier ja von kreativität und kreativität auf knopfdruck gibts nicht. aber ich denke dass sowohl seeed als auch wir mit der far east band beim publikum viel mit dem live-spielen erreicht haben. die leuten wissen einfach, jetzt unabhängig von plattenveröffentlichungen, dass es bei den konzerten abgeht. das war jetzt die letzten vier mal so und das wird auch heute wieder so sein.

nach dem gone war gentleman ja bei mtv andauernd im programm, obwohl die musik nicht ganz in das typische mtv/viva-muster passt. war das gewollt?

nein gar nicht. ich will dass mein musik so viele menschen wie möglich erreicht. ich muss dabei mit mir im einklang sein. ich muss in den spiegel schauen können, denn es ist für mich kein entertainment, sondern eine lebensphilosophie die ich in meine musik packe. deshalb ist das mir persönlich sehr wichtig. was zum beispiel das textschreiben, die performance und das niemals-playback angeht, das sind so dinge die ich immer einhalten werde. aber wenns darum geht viele menschen zu erreichen, auch wenn man dabei in eine sendung geht, die vielleicht persönlich nicht so mein fall ist, dann mach ich das.

deine texte sind wie bei trodin on und journey to jah oft politisch. ist das ein bedürfnis von dir deine meinung zu sagen, bzw auf etwas hinzuweisen?

also ich schieb meine musik ungerne in die politische ecke, weil sie eigentlich gar nicht wirklich politisch ist. ich bin genaugenommen auch gar nicht in politik interessiert, ich finde das ziemlich langweilig. aber ich bin halt von politik betroffen. und die musik spiegelt halt das leben wieder, die gesellschaft und das system in dem wir leben. von daher ist das meist automatisch politisch. das ist wie wenn ihr als journalisten über ungerechtigkeiten schreibt, dann fühlt ihr euch ja auch in dem moment dazu berufen. ich packe das halt in die musik rein.

die leute die bei konzerten deine lieder mitsingen haben oft keinen blassen schimmer wovon du singst und wirklich ungewöhnlich ist das im jamaikanischen reggae ja nicht. tut dir das manchmal leid, dass die leute viel gar nicht verstehen?

es fängt ja nicht damit an, dass du den text nicht verstehst. als ich 5-6 jahre alt war hab ich alle abba songs mitgesungen ohne den text zu verstehen. und ich hab auch den tennisschläger rausgeholt und angus young und alle ac/dc songs gespielt. aber ich hab halt den vibe gespürt. ich denke darauf kommt es an, dass du eine melodie hast, die die leute erreicht. erst danach kommt das was dahinter ist, den text verstehen eben. es gibt viele leute die den text nicht verstehen, aber trotzdem die musik genießen können.

vielleicht auch die fantasie der leute anzuregen?

nicht unbedingt. jeder hat ja seine eigene art musik aufzunehmen. es gibt da keine formel. wenn ich leute sehe die smilen wenn sie meine musik hören oder dazu tanzen, dann ist das ziel schon erreicht. wenn sie dann auch noch parallelen entdecken oder sich mit dem text identifizieren können, dann ist das natürlich noch besser.

du hast mit journey to jah nicht nur eine lücke in der musikgeschichte gefüllt, du hast sie sogar größer gemacht, sodass sogar noch andere künstler wie mellowmark, martin jondo und culcha candela reinpassen. reggae ist wieder sehr groß hier in deutschland. reggaesoundsystems füllen jede disko in jeder stadt. stört es dich wenn künstler mit auf den zug springen, den du antreibst?

ich hab die musik ja auch nicht erfunden. ich denke als künstler ist es ganz wichtig zur richtigen zeit am richtigen ort zu sein, talent und eine vision zu haben. bei mir war das ganz klar freundeskreis, die mich mitgezogen haben. da hatte ich dann irgendwann genug bühnenerfahrung gesammelt, dass ich wusste, ich kann jetzt auch alleine auf die bühne gehen. für jondo war ich das wahrscheinlich, und auch er wird irgendwann wieder jemanden mit reinziehen. das ist auch schön so, wir sind alle völlig verschiedene individuen, man kann keinen mit dem anderen vergleichen. ich denke das ist der normale weg.

du hast viele features auf confidence gemacht. gibt es etwas, dass du feature-mäßig noch erreichen möchtest?

da gibts ganz viele. sei es sade oder tracy chapman. ich finde aber dass es auch enorm wichtig ist, dass man neben dem musikalischen respekt für jemanden, auch eine gewisse menschlichkeit empfindet. man sitzt da mit jemandem in einer engen voicing-kabine und da muss auf jeden fall die chemie stimmen. da muss die einstellung auf einem nenner sein. da gabs schon ein paar mit denen ich unbedingt was machen wollte, hab die dann auch getroffen und die waren totale arschlöcher. das ging dann halt gar nicht.

sind das dann auch gegenseitige features? pressen die anderen die songs auch auf ihre platte?

ja bei confidence war das oft so, dass wir die songs einfach getauscht haben.

wenn du die chance hättest deine karriere nochmal durchzumachen, würdest du es im groben und ganzen genauso machen oder gibt es sachen, die du bereust?

ich glaub du musst fehler machen. du musst einfach mal auf die fresse fallen um das business zu begreifen. das ist oft sehr trocken politisch und eiskalt. wenn ich nicht ein paar mal auf die fresse gefallen wäre, hätte ich bestimmt viele sachen nicht erreicht. es hat schon alles seinen grund. man muss sich halt mit der materie auseinandersetzen, man braucht ein umfeld wo vertrauen geschaffen werden und man sich weiterentwickeln kann.

schaffst du es nach vorne zu schauen wenn du einen fehler gemacht hast?

auf jeden fall. ich bin oft dankbar für die fehler, denn anders würde ich es gar nicht begreifen. aber man lernt nie aus. da gibts mal den punkt wo ich merke, ich will jetz mein eigenes label machen. ich mache das jetzt seit 15 jahren und ich habe da schon erfahrung gesammelt. die will ich natürlich auch weitergeben und die sachen die mir mißfallen sind, ändern.

was müsste passieren, dass du sagst: ich werfe das handtuch, schmeiß alles hin?

das würde nicht passieren. ich brauche die musik, wie das essen und das schlafen. wahrscheinlich müsste ich dann irgendeinen anderen beruf machen um weiterhin mein brot auf den tisch zu bekommen. ich denke wenn die musik nicht mehr gewollt ist, dann zeigt das etwas. musik ist immer sehr ehrlich und wahrhaftig. ich denke sie ändert sich bei mir sicherlich. da tritt man mal mehr in den hintergrund und produziert mehr. aber ich will sicherlich nicht wie die stones noch mit 70 auf der bühne stehen. ich kann mir gut vorstellen mit der band alt zu werden und so wie die skatalites einmal im jahr auf krücken eine welttournee zu machen.

was war die letzte platte die du gehört, der letzte film den du gesehen hast?

der letzte film war hier im bordcomputer so ein blöder billig-action film. mit monstern und so, was total schlechtes. predator vs irgendwas. die letzte platte war die mary j blidge, die die ladies die ganze zeit hören.

und?

ist gut. ich mein, das ewige klagen des rnbs geht uns männern manchmal auf den sack, aber es ist einfach sehr musikalisch und sie hat halt eine unglaubliche stimme.

viele menschen benutzen die musik als ventil für ihre gefühle, sei es um sich aufzubauen oder um druck abzulassen. geht es dir genauso? eignet sich reggae dafür, oder greifst du da auch mal in andere schubladen?

ich höre eigentlich alles mögliche. ich mache viel musik und bin viel mit musikern zusammen. und wenn man mal keine musik macht, ist es wichtig die stille zu finden um wieder neue melodien und neue inspiration zu finden. aber es ist auf jeden fall eine lebensnotwendigkeit geworden. es ist auf jeden fall ein ausdruck der gefühle und immer sehr persönlich.

wieso denkst du war es gerade das album journey to jah, das den weg für dich frei gemacht hat?

ich weiß gar nicht, ob es journey to jah war. vielleicht war es auch tabula rasa mit freundeskreis oder die dennis brown platte, die ich mit 10 gehört und dabei gemerkt habe, dass reggae meine musik ist. wieso das bei mir so gut funktioniert liegt glaube ich daran, dass ich mit mir und meiner musik im einklang bin. dass ich alles was ich sage, auch so meine und dass es von herzen kommt. ich glaube, das merken die leute. auch wenn es irgendwo adoptiert ist, wird die musik dadurch echt. wir haben eine geile band, wo jeder sein instrument liebt und alles gibt, und deshalb funktioniert das auch so gut.

was wäre dein alptraum?

schau mal die nachrichten an, das ist ein alptraum. aber ich denke, dass gleichzeitig auch das andere steigt. ich denke, das eine kann ohne das andere nicht existieren. zu dem ganzen scheiß der in der welt abgeht gibts auch genauso viel hoffnung. es gibt immer zwei perspektiven. aber alpträume gibts bei mir eigentlich nur, wenn ich wach bin.




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